G7: Die Engagementgruppen als Impulsgeber für das Gipfeldokument
Wie können die Kräfte der Gesellschaft gebündelt werden, um aus Erklärungen und Empfehlungen, Taten folgen zu lassen? Wie können wir uns den aktuellen Herausforderungen der Welt stellen und eine gesunde Zukunft für uns alle schaffen? Welche Impulse geben die gesellschaftlichen Gruppen in Vorbereitung des G7-Gipfels? Während zu Beginn der G7-Präsidentschaft vor allem die Pandemie und die Klimakrise im Vordergrund standen, haben die Verhandlungen der G7 durch den Krieg gegen die Ukraine einen neuen Fokus bekommen. „Fortschritt für eine gerechte Welt" – das ist Ziel und Anspruch der deutschen G7-Präsidentschaft. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte: Für die Politik sei der Austausch mit der Zivilgesellschaft besonders wichtig, denn dieses Ziel sei nur zu erreichen, „wenn wir zusammenarbeiten – innerhalb der G7 und darüber hinaus“.
Empfehlungen der Zivilgesellschaft als Meilenstein
Jede G7-Präsidentschaft steht im Zeichen des Dialogs mit unterschiedlichen Interessengruppen. Dieser Austausch beteiligt die Zivilgesellschaft am G7-Prozess. Auch unter der deutschen Präsidentschaft erhalten diese sogenannten Engagementgruppen die Möglichkeit, zur G7-Agenda Impulse zu setzen. Folgende sieben Gruppen kamen oder kommen zusammen, um der Bundesregierung ihre Empfehlungen zu übergeben: Wirtschaft (Business7), Nichtregierungsorganisationen (Civil7), Gewerkschaften (Labour7), Wissenschaft (Science7), Thinktanks (Think7), Frauen (Women7) und Jugend (Youth7).
Civil7 fordern mehr Investitionen in globale Gesundheit
Auf dem Civil7-Gipfel am 5. Mai 2022 übergaben die zivilgesellschaftlichen Organisationen ihre Empfehlungen an Bundeskanzler Scholz. Rund 500 Vertreterinnen und Vertreter aus mehr als 40 Ländern formulierten ihre Erwartungen an die G7-Staats- und Regierungschefs. Der vom Bundesverband entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsorganisationen und dem Forum Umwelt und Entwicklung koordinierte Prozess fand mit großer Beteiligung aus Entwicklungsländern statt. C7 forderte, diese gleichberechtigte Einbindung in globalen politischen Prozessen sicherzustellen. Im Bereich Gesundheit wurde eine Transformation der globalen Gesundheitsarchitektur empfohlen. Zudem sei die Stärkung von Universal Health Coverage wichtig, so dass alle Menschen uneingeschränkten Zugang zu qualitativen Gesundheitsdiensten haben. Weitere Impulse waren: besserer Schutz vor und besserer Umgang mit Pandemien, die Investition in die Bekämpfung nicht-übertragbarer Krankheiten und die Sicherstellung des uneingeschränkten Zugangs zu Gesundheitsdienstleistungen. Insgesamt empfehlen die C7 Investitionen in globale Gesundheit, vor allem in die bestehenden Finanzierungsmechanismen. Alle Empfehlungen finden sich im Abschlussdokument der C7 hier.
Labour7 wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt bewahren
Bundeskanzler Scholz empfing die Vertreterinnen und Vertreter von Labour7 am 11. Mai 2022 im Kanzleramt. Sie überreichten ihre Empfehlungen und Ideen zu einer sozial gerechten Transformation von Wirtschaft und Arbeitswelt. Die Widerstandsfähigkeit von Sozialschutzsystemen bedeute, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und -nehmer entlang der globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten nachhaltig zu sichern. Ein wichtiger Punkt sei die Gesundheitssicherheit der Arbeitnehmer. Der Krieg in der Ukraine habe die Veränderungen in der Arbeitswelt beschleunigt. Aber dennoch dürften generationenübergreifende Herausforderungen wie Klima- und Gesundheitskrisen nicht vernachlässigt werden. Universeller und dauerhafter Frieden könne nur auf Grundlage sozialer Gerechtigkeit geschaffen werden.
Business7: Vorbereitungen zum B7-Gipfel laufen
Aufgabe der Business7 (B7) ist, die Interessen der Wirtschaft der G7-Länder zu konsolidieren. Der Bundesverband der deutschen Industrie e.V. hat die Leitung der Wirtschafts- und Industrieverbände der G7 übernommen. B7 erarbeitet Handlungsempfehlungen in den folgenden sechs Politikbereichen: starke Allianzen für einen nachhaltigen Planeten, Weichenstellungen für wirtschaftliche Stabilität und Transformation, starke Vorsorge für ein gesundes Leben, nachhaltige Investitionen in eine bessere Zukunft und gemeinsamer Einsatz für ein starkes Miteinander. Die Schwerpunkte liegen auf der Bewältigung der Corona-Pandemie, einschließlich der Zusammenarbeit bei Infrastrukturpartnerschaften, der Pandemiebekämpfung, resilienten Lieferketten und der weiteren Zusammenarbeit bei der Kohlenstoffpreisgestaltung. Der B7-Gipfel wird kurz vor dem G7-Treffen der Staats- und Regierungschefs im Juni stattfinden.
Internationale Thinktanks reagieren auf deutsche G7-Pläne
Weltweit führende Wissenschaftler*innen erarbeiteten Impulse in den Bereichen Klimawandel, weltweiter Gesundheitsschutz, sozialer Zusammenhalt, wirtschaftliche Erholung und internationale Zusammenarbeit. Der Prozess wird vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik und der Global Solutions Initiative geleitet. Think7 möchten einen transregionalen Austausch zwischen den G7-Ländern zum Umgang mit der Pandemie sowie einen sozial-gerechten, klimastabilisierenden Umbau der Gesellschaften sicherstellen. „Die Welt steht vor enormen Herausforderungen. Wir möchten mit unserem Engagement dazu beitragen, dass die G7 eine Wirtschaftsordnung gestaltet, die soziale Bedürfnisse und ökologische Nachhaltigkeit ins Zentrum stellt,“ sagt Wilhelm Krull vom THE NEW INSTITUTE. Der Think7-Gipfel fand vom 23. bis 24. Mai 2022 in Hamburg statt. Das vollständige Communiqué der Think7 ist hier zu lesen.
Science7: Globale Gesundheitsherausforderungen mit wissenschaftlichem Know How meistern
Unter Federführung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina erarbeiten die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten im Format Science7 (S7) wissenschaftsbasierte Stellungnahmen zu folgenden Themen: die Auswirkungen des Klimawandels auf die Polarregionen und Ozeane, konkrete Maßnahmen zur Dekarbonisierung, die Entwicklung von antiviralen Medikamenten zur Pandemievorsorge sowie globale Gesundheitsherausforderungen, die durch Zoonosen und antimikrobielle Resistenzen entstehen. Im Rahmen des S7 Dialogue Forums am 31. Mai 2022 werden die Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung übergeben und bei einer Wissenschaftskonferenz mit nationalen und internationalen Expertinnen und Experten sowie der Öffentlichkeit diskutiert.
Gleichstellung der Geschlechter ist entscheidend für den Umgang mit Pandemien
Der Deutsche Frauenrat ist Gastgeber des Women7-Dialogs 2022. Der Dachverband von rund 60 bundesweit aktiven Frauenverbänden und -organisationen ist die starke Stimme für Frauen in Deutschland. In einem mehrstufigen Konsultationsprozess hat W7 Germany ein internationales Netzwerk feministischer zivilgesellschaftlicher Organisationen zusammengebracht. Ziel von W7 ist, die Gleichstellung der Geschlechter in den Mittelpunkt der G7-Verhandlungen zu rücken. Der W7-Gipfel wird am 24. und 25. Mai 2022 in Berlin stattfinden.
Mentale Gesundheit als Schwerpunkt der Youth7
Am Jugendgipfel in Berlin vom 16. bis 20. Mai 2022 haben Jugenddelegierte aus allen G7-Staaten, den G7-Gastländern sowie der Europäischen Union teilgenommen. Die Themenschwerpunkte der Erklärung der Jugend waren: nachhaltiger und grüner Planet, wirtschaftliche Transformation für gemeinsamen Fortschritt, widerstandsfähige Demokratien, globale Gesundheit und Solidarität sowie Jugend, Frieden und Sicherheit. Darüber hinaus wurden zwei Querschnittthemen bestimmt: Geschlechter- und Generationengerechtigkeit. Im Bereich der globalen Gesundheit ging es vor allem um das Ziel, künftige Pandemien zu verhindern und gesundheitliche Ungleichheiten weltweit zu verringern. Die Y7 erinnerten die G7 an das Nachhaltigkeitsziel 3.4 und stellten die mentale Gesundheit – vor allem vor dem Hintergrund der Pandemie und der Klimakrise – ins Zentrum.
Bundeskanzler Olaf Scholz: „Ihr Engagement ist ein wichtiger Beitrag“
Olaf Scholz würdigte vor allem die aktive Beteiligung junger Menschen am G7-Prozess als Grundlage, dass „wir in unserer Welt einen guten Fortschritt erreichen“. Dieses Engagement der gesamten Zivilgesellschaft ist eine große Bereicherung für den G7-Prozess. Das Gipfeldokument ist somit ein gemeinschaftlicher Fahrplan für eine gerechtere und gesunde Zukunft.
Bild: Copyright Boris Bocheinski | IJAB