Gesundheitliche Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen, eine globale Gesundheitspriorität im Fokus des Global Disability Summit 2025
Globale Gesundheitsziele und allgemeine Gesundheitsversorgung können nur durch die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen erreicht werden. Aktuell wird daran gearbeitet, die Reichweite und den Umfang von Gesundheitsdiensten auszuweiten.
Global Disability Summit 2025: ein Meilenstein der Hoffnung und des Handelns
Der dritte Global Disability Summit, der am 2. und 3. April 2025 in Berlin stattfand, war ein Meilenstein für die Inklusion und die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Der Gipfel knüpfte erfolgreich an die vorangegangenen Gipfel von 2018 und 2022 an. Eine Rekordzahl von 4.500 Personen nahm an dem Gipfel teil, darunter Vertreter:innen von Organisationen von Menschen mit Behinderungen aus über 110 Ländern, mehr als 60 Regierungen sowie aus internationalen Organisationen, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und dem Privatsektor. Der Gipfel rückte Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt. Es wurden über 800 neue Verpflichtungen zur Stärkung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen und ihrer Rechte abgegeben.
Vor dem Hintergrund der globalen Entwicklungen und des zunehmenden Drucks auf Menschenrechte unterstrich der Gipfel die weltweite Bedeutung von Inklusion und den Rechten von Menschen mit Behinderungen. Die stellvertretende Generalsekretärin der Vereinten Nationen, Amina Mohammed, erkannte dies zu Beginn des Gipfels an und betonte, „Inklusion [ist] nicht optional, Rechte nicht verhandelbar [und] Barrierefreiheit unerlässlich“. Sie führte weiter aus: "Versprechen, die gemacht werden, sollten auch gehalten werden. Lassen Sie uns weiter für eine inklusive, gerechte [und] nachhaltige Zukunft für alle kämpfen […]."
Gesundheitliche Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen
Weltweit sind schätzungsweise 1,3 Milliarden Menschen – jede:r Sechste - von einer erheblichen Behinderung betroffen. Diese Zahl steigt weiter an, da die Bevölkerung altert und nicht übertragbarer und übertragbarer Krankheiten zunehmen.
Gesundheitliche Chancengleichheit und der Zugang zu einer hochwertigen, sicheren und erschwinglichen Gesundheitsversorgung sind für Menschen mit Behinderungen jeden Alters von entscheidender Bedeutung. Menschen mit Behinderungen benötigen die gleichen allgemeinen Gesundheitsdienstleistungen wie alle anderen. Anhaltende Barrieren und Diskriminierung führen jedoch dazu, dass sie im Vergleich zur sonstigen Bevölkerung im Durchschnitt eine viel schlechtere Gesundheit haben. Sie erkranken doppelt so oft an Krankheiten wie Diabetes oder Schlaganfällen und ihre Lebenserwartung ist um 10 bis 20 Jahre kürzer [1].
Diese Ungleichheiten resultieren aus ungerechten und vermeidbaren Faktoren, die Menschen mit Behinderungen unverhältnismäßig stark betreffen - einschließlich Diskriminierung und Ausgrenzung. Gesundheitsinformationen sind oft unzugänglich, Barrieren in der Infrastruktur bestehen weiterhin und bei Angehörigen der Gesundheitsberufe herrschen zum Teil nach wie vor negative und/oder ablehnende Haltungen. Infolgedessen wird Menschen mit Behinderungen die Gesundheitsversorgung dreimal häufiger verweigert, die Wahrscheinlichkeit in Gesundheitseinrichtungen schlecht behandelt zu werden ist viermal so hoch.[2].
Faktoren wie Geschlecht, Alter, Geschlechtsidentität, Armut oder Migrantenstatus verstärken die gesundheitlichen Ungleichheiten für Menschen mit Behinderungen noch weiter.
Darryl Barrett von der Weltgesundheitsorganisation betonte auf dem Global Disability Summit: "Nachteilige Gesundheitsfolgen für Menschen mit Behinderungen sind […] ungerecht und völlig vermeidbar. Wenn wir wollen, dass sich dies ändert, können wir es ändern. Wenn wir verhindern wollen, dass Menschen mit Behinderungen früher sterben oder ein höheres Risiko haben, an einer Reihe von Krankheiten zu erkranken, dann können wir das tun - wir haben die Mittel dazu. Wir haben die Evidenzen." Um Veränderungen zu erreichen, ist die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren im Bereich der globalen Gesundheit erforderlich.
[1] Global report on health equity for persons with disabilities. Geneva: World Health Organization; 2022
[2] WHO global disability action plan 2014-2021. Better health for all people with disability.
Gesundheitliche Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen zu einer Priorität machen
Auf dem Global Disability Summit 2025 wurde dem Thema Gesundheit (u.a. durch einen thematischen Vorgipfel zur gesundheitlichen Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen) mehr Bedeutung beigemessen als auf früheren Gipfeln; Gesundheit stand im Mittelpunkt einer Hauptveranstaltung des Gipfels sowie zahlreicher Nebenveranstaltungen und Empfänge. Es wurden auch neue Erkenntnisse über die ungerechten Gesundheitsfolgen vieler Menschen mit Behinderungen sowie über ihre Unsichtbarkeit in den Gesundheitsdaten vorgestellt. Women Enabled International präsentierte beispielsweise Beweise für nachteilige gesundheitliche Folgen für Frauen mit Behinderungen über ihre gesamte Lebensspanne. Down Syndrome International und Humanity & Inclusion teilten neue Erkenntnisse über die Herausforderungen, die Menschen mit geistigen Behinderungen und ihre Familien im Gesundheitssystem erleben – und wiesen auf besorgniserregende Praktiken hin, die die gegen die Menschenrechte verstoßen, wie etwa Zwangssterilisationen.
Der Summit bot den Organisationen auch die Gelegenheit, auf den Gesundheitsverpflichtungen aufzubauen, die auf dem Global Disability Summit 2022, eingegangenen wurden und neue, messbare und ehrgeizige Verpflichtungen zur Stärkung der gesundheitlichen Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen vorzuschlagen.
Im Vorfeld des Gipfels unterstützten über zwanzig Organisationen den vom International Disability and Development Consortium initiierten Aufruf zum Handeln, gesundheitliche Chancengleichheit zu einer Priorität des GDS zu machen. Auf dem Gipfel begannen die Diskussionen über eine neue Lancet-Kommission für Behinderung und Gesundheit, die untersuchen soll, wie die globale Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen verbessert werden kann. Der Generaldirektor der WHO, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, kündigte außerdem eine globale WHO-Initiative zur gesundheitlichen Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen an. Ziel der Initiative ist es eine effektivere Zusammenarbeit zwischen den Akteur:innen der globalen Gesundheit und der Behindertenhilfe zu etablieren. Dadurch können Gesundheitssysteme gestärkt werden und die ungerechten und vermeidbaren Faktoren, die zu gesundheitlicher Ungleichheit führen, bekämpft werden.
Nach dem Gipfel muss der Fokus nun auf dem Handeln liegen. Auf dem thematischen Vorgipfel zur gesundheitlichen Chancengleichheit im Februar 2025 betonte Emi Michael vom Global Fund die Bedeutung der „Umsetzung von [...] Verpflichtungen in Taten, um sicherzustellen, dass die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in jeden Aspekt der globalen Gesundheit eingebettet ist.“
Bereits mit einem Bruchteil der Millionen von Dollar, die in große Programme wie die Stärkung der primären Gesundheitsversorgung, die Ausrottung von Tuberkulose und HIV oder die Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern investiert werden, können Veränderungen erzielt werden. Jetzt ist es an der Zeit, dass Regierungen und andere Akteur:innen im Gesundheitswesen die gesundheitliche Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen stärker in den Mittelpunkt rücken – und Inklusion zu einer Priorität machen: in der universellen Gesundheitsversorgung, bei allen Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitssysteme und im gesamten Spektrum der Gesundheitsversorgung.