Teil 1 Globale Gesundheit unter Druck: Wie die US-Politik sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte beeinflusst

18. Februar 2025 I  Women's Health ,  Neues aus dem Hub  I von : Felice Hellweg

Die neue US-Regierung ist seit nicht einmal einem Monat im Amt und bereits jetzt hat dies weitreichende Folgen für die globale Gesundheit. In unserer zweiteiligen Artikelserie beleuchten wir, wie die aktuelle US-Politik im Bereich Globale Gesundheit sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte beeinflusst (SRGR). Dazu haben wir mit verschiedenen Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und der internationalen Zusammenarbeit gesprochen.

Die neue US-Regierung ist seit nicht einmal einem Monat im Amt und bereits jetzt hat dies weitreichende Folgen für die globale Gesundheit. In unserer zweiteiligen Artikelserie beleuchten wir, wie die aktuelle US-Politik im Bereich Globale Gesundheit sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte beeinflusst (SRGR). Dazu haben wir mit verschiedenen Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und der internationalen Zusammenarbeit gesprochen.

Vom Austritt aus der WHO, über einen 90-tägigen Finanzierungsstopp für die Entwicklungszusammenarbeit der USA, bis hin zur fast vollständigen Schließung der United States Agency for International Development (USAID) könnte die Kehrtwende in der US-amerikanischen Außen- und Entwicklungspolitik kaum radikaler ausfallen.

Die WHO würde ihren größten Geldgeber verlieren und es würde eine Lücke ins Budget gerissen, die von anderen nur schwer zu füllen wäre. Die Auswirkungen des Austritts gehen jedoch weiter: Auch für das Gesundheitssystem der USA hätte ein Austritt negative Auswirkungen. Ohne eine WHO-Mitgliedschaft würde das Land den Zugang zu wichtigen Informationen verlieren. Insbesondere für die Bereitschaft, angemessen auf Pandemien zu reagieren, wäre dies verheerend. Die US-Regierung hat zudem ihre Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) angewiesen, jeglichen Austausch mit der WHO zu beenden. Nach den USA hat nun auch Argentinien angekündigt, die WHO verlassen zu wollen.  

Im Gesundheitsbereich sind die USA der größte Geldgeber weltweit. 2022 investierten sie laut SEEK Development ca. 15,8 Milliarden US-Dollar. Das gilt auch für SRGR, wofür 65% der weltweiten Finanzmittel 2022 aus den USA kamen, wie die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) in ihrem Bericht „Donors Delivering for SRHR“ 2024 herausstellt. In Tansania sind die USA beispielsweise größter bilateraler Geldgeber im Bereich Familienplanung. Expert*innen gehen deshalb davon aus, dass durch die Trump-Administration die verlässliche Versorgung mit Familienplanungsprodukten, insbesondere in Ländern Subsahara-Afrikas, in Gefahr ist. Der neue Ton macht sich jedoch auch in den USA selbst bemerkbar. Wenige Stunden nachdem Trump als 47. Präsident der USA vereidigt wurde, war die Regierungswebsite reproductiverights.gov nicht mehr öffentlich zugänglich. Auf dieser Seite konnten sich Bürger*innen bislang über Verhütung, Abtreibung und reproduktive Gesundheit informieren.

Am Freitag, den 24. Januar 2025 führte Trump zudem - wie erwartet - die Anti-Abtreibungsrichtlinie, bekannt als „Mexico City Policy“, wieder ein. Zu diesem Anlass wählte er den 52. Jahrestag der Entscheidung Roe v. Wade des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten, die 1973 das nationale Recht auf Schwangerschaftsabbrüche eingerichtet hatte, jedoch 2022 gekippt wurde. Die Mexico City Policy hat verheerende Auswirkungen auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte weltweit.

Was ist die Mexico City Policy?

1984 stellte Präsident Ronald Reagan die Mexico City Policy (MCP) erstmals vor. Dies gab er bei der namensgebenden Weltbevölkerungskonferenz bekannt, die im August 1984 in Mexico City stattfand. Seit ihrer Einführung hat sie das Engagement von Nichtregierungsorganisationen (NROs) für sichere Schwangerschaftsabbrüche erschwert. Denn die Regel besagt, dass Organisationen, die finanzielle Mittel für Familienplanung aus den USA erhalten wollen, keine Informationen oder Beratung über Schwangerschaftsabbrüche anbieten dürfen –

selbst dann nicht, wenn diese Beratung aus anderen Mitteln finanziert wird. Somit weitete die Regel bestehende Gesetzgebungen aus, die US-Finanzierungen für Schwangerschaftsabbrüche international bereits verboten hatten. Jedoch hatten Organisationen zuvor zumindest das Recht, andere Mittel für diese Aktivitäten zu verwenden. Die Mexico-City Policy ist daher bei ihren Gegner*innen auch als „Global Gag Rule“ – oder zu Deutsch „Globaler Maulkorb“ – bekannt.

Seit ihrer Einführung wurde sie durch demokratische Präsidenten stets ausgesetzt, nur um dann von republikanischen Amtsinhabern wieder eingeführt zu werden. 2017 weitete Präsident Donald J. Trump die Mexico City Policy auf Finanzierungen für globale Gesundheitshilfe aus und benannte sie in „Protecting Life in Global Health Assistance“ (PLGHA) um. Davon betroffen waren Programme in den Bereichen HIV/AIDS, Mutter- und Kindgesundheit, Malaria, Gesundheitsversorgung sowie Familienplanung und reproduktive Gesundheit.

Viele junge Leute können sich keine Verhütungsmittel leisten. Dabei haben doch alle Menschen ein Recht auf selbstbestimmte Verhütung und Familienplanung“ berichtet Candy Brandy Oyoo, die neben ihrem Lehramtsstudium als Freiwillige für die Restoring Hope-Stiftung in Kenia arbeitet und Aufklärungsarbeit für Jugendliche leistet. Die Stiftung ist auf Finanzierung aus dem Globalen Norden angewiesen, ohne die sie ihre Programme nicht durchführen könnte. Eine der Organisationen, die die Stiftung unterstützt, ist die DSW. Sie arbeitet seit 30 Jahren im Bereich nachhaltige Bevölkerungsentwicklung und Familienplanung.

Für diesen Artikel haben wir mit der Vorständin Angela Bähr gesprochen. Sie berichtet uns, dass die DSW in diesem Jahr von US-Geldern unabhängig ist, aber in der letzten Amtszeit von Donald Trump war das noch anders. Damals hatte die DSW Kenia eine Kooperation mit Plan International zur Aufklärung von Jugendlichen. Diese wurde von USAID finanziert. Die Stiftung entschied sich damals dafür, die Richtlinie nicht zu unterschreiben. Eine mutige, aber auch riskante Entscheidung, denn somit musste sie Projekte zur Aufklärung von Jugendlichen zunächst unterbrechen.

Doch die DSW und ihre Partner vor Ort hatten Glück, denn das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sprang im Rahmen dieser Ausnahmesituation ein und war bereit ein ähnliches Projekt der DSW Kenia zu fördern. So konzipierten sie gemeinsam mit bengo von Engagement Global das Projekt „Holistische Aktion für junge Menschen in der Phase der Adoleszenz“. Durch Aufklärung an Schulen, Trainings von Jugendlichen und Arbeit mit Journalist*innen setzte das Projekt Sexualaufklärung an Schulen um.

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