Erfahrungsbericht zur 77. World Health Assembly der deutschen Jugenddelegierten
Im Jugenddelegiertenprogramm 2024 standen die Perspektiven und Meinungen von jungen Menschen im Mittelpunkt. Im Folgenden teilt Eva-Lotte Seibold ihre Erfahrungen:
Erfahrungsbericht zur 77. Weltgesundheitsversammlung der deutschen Jugenddelegierten
Jugenddelegiertenprogramm, Bewerbung und Einstieg
Das Jugenddelegiertenprogramm hat zum Ziel, die Stimme junger Menschen vermehrt im Bereich globale Gesundheit einzubringen und sich mit jungen Akteur*innen in diesem Bereich auszutauschen. Für die Bewerbung musste ich meinen Lebenslauf, ein Motivationsschreiben und einen Essay über einen persönlichen Prioritätsbereich in der Globalen Gesundheit einreichen. Kurze Zeit später wurde ich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, bei dem wir über Vorerfahrungen und Kenntnisse, Motivation und Vernetzung zu Jugendorganisationen sprachen. Als sehr hilfreich empfand ich ein Q&A meiner Vorgängerin Miriam El-Mahdi während der Bewerbungsphase, in welchem sie Einblicke in die Aufgaben und Möglichkeiten des Amtes gab.
Die Einarbeitungszeit empfand ich als die herausforderndste Phase meiner Amtszeit, da es durch die großen Freiheiten des Programms zunächst auch keine klaren Aufgaben oder Kontakte gab, an denen ich mich orientieren konnte. Der Austausch mit meinen Vorgänger*innen und Jugenddelegierten aus anderen Ländern hat mir in dieser Phase sehr geholfen. Durch die Gespräche mit den Jugendorganisationen kristallisierten sich zudem relativ schnell klare inhaltliche Prioritäten heraus, die ich anschließend aufgegriffen habe.
Vernetzung mit der Jugend
Als Jugenddelegierte war es mir besonders wichtig, eine möglichst umfassende Sammlung von Meinungen und Prioritäten junger Menschen mit verschiedenen fachlichen und privaten Hintergründen zusammenzustellen. Dazu habe ich mich in Einzelgesprächen online mit zwölf Jugendorganisationen, welche junge Menschen in den verschiedensten Bereichen im Gesundheitssektor vertreten, ausgetauscht und wertvolle Einblicke in ihre aktuelle Arbeit im Bereich der globalen Gesundheit gewonnen. Vier dieser Organisationen konnte ich außerdem bei ihren Mitgliederversammlungen besuchen und durch Workshops vor Ort noch umfassendere Einblicke in die Anliegen ihrer Mitglieder erhalten. Zusätzlich habe ich zwei Online-Jugendkonsultationen durchgeführt. Die gewonnenen Erkenntnisse habe ich in einem Artikel und einem Policy Brief zusammengefasst, um die Perspektiven junger Menschen an die Bundesregierung sowie zivilgesellschaftliche Akteur*innen aus dem Bereich Globale Gesundheit weiterzugeben und ihre Meinungen in die politische Entscheidungsfindung einzubringen.
Vorbereitung und Teilnahme an der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA)
Während der Vorbereitungszeit auf die WHA konzentrierte ich mich vor allem auf das Statement, das ich im Namen der deutschen Jugend halten durfte. Zu meiner großen Freude durfte ich dieses Statement zum Thema „Klimawandel und Gesundheit“ halten, das sowohl in den Jugendkonsultationen als auch für mich persönlich ein zentrales Thema war. Ich konnte dabei alle Hauptpunkte, die in den Konsultationen angesprochen wurden, in das Statement einbringen. Anschließend musste ich das fertige Statement mit den zuständigen Referaten im BMG sowie anderen betroffenen Ministerien abstimmen, wobei die ursprüngliche inhaltliche Ausrichtung beibehalten wurde.
Außerdem nahm ich online an den Vorbereitungsmeetings des BMGs und der Ständigen Vertretung in Genf teil, wodurch ich wertvolle Einblicke in die Arbeit mit den verschiedenen Dokumenten und Themenfeldern gewann. Diese Erfahrungen wurden während meiner zweitägigen Hospitation im BMG in Berlin weiter vertieft. Während dieser Hospitation nahm ich unter anderem an einer Sitzung des Unterausschusses Globale Gesundheit und an einem organisatorischen Vorbereitungsmeeting für die WHO-Mitgliedsstaaten teil. Außerdem konnte ich auch die für mich zuständigen Mitarbeiter*innen des Global Health Hub Germanys (GHHG) von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) besuchen und Einblicke in die dortige Arbeit erhalten. Auch konnte ich mein Statement in enger Abstimmung mit den fachlich zuständigen Personen finalisieren.
Das Highlight meiner Amtszeit war sicherlich die Teilnahme an der WHA: Ich konnte für fünf Tage vor Ort in Genf dabei sein und hatte so ausreichend Zeit, mich in die Abläufe und Prozesse einzufinden. Insbesondere das Jugendstatement zu halten und zu erleben, dass auch viele Jugenddelegierte aus anderen Ländern hierzu sprachen, war eine einzigartige Möglichkeit. Darüber hinaus unterstützte ich das Team vor Ort z.B. durch Protokollierung von Sitzungen oder dem Auszählen bei Abstimmungen. Zudem durfte ich bei den Koordinierungstreffen der EU und der europäischen Ländergruppe dabei sein und nahm an einem Roundtable der Initiative on Climate Action and Nutrition (I-CAN) teil, wo ich Meinungen aus den Jugendkonsultationen einbringen konnte. Eine wertvolle Erfahrung war auch die Vernetzung mit anderen Jugenddelegierten und Mitgliedern des WHO Youth Council, sowohl im Vorfeld als auch während der Veranstaltung. Trotz all dieser positiven Erlebnisse war ich etwas enttäuscht, dass in den Sitzungen der WHA der fachliche Austausch oft im Hintergrund stand und stattdessen geopolitische Themen und Interessen im Vordergrund standen.
Verbesserungspotenzial
Das deutsche Jugenddelegiertenprogramm hat in meinen Augen im Vergleich zu anderen Ländern einige klare Stärken. Dazu zählen u.a. eine enge Anbindung an die Prozesse im Ministerium sowie die ausreichende Dauer des Programms, welche eine echte Beteiligung der Jugend ermöglicht. Dennoch sehe ich einige Optimierungsmöglichkeiten:
Eine Finanzierung der Reisekosten für Besuche von Jugendveranstaltungen innerhalb Deutschlands halte ich für notwendig, um eine möglichst umfassende Vertretung der deutschen Jugend sicherzustellen. Idealerweise sollte versucht werden der*dem Jugenddelegierten ein Budget zur Verfügung zu stellen, um diese Mittel eigenverantwortlich und effizient verwalten zu können. Zudem wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, ein Mentorship-Programm mit ehemaligen Jugenddelegierten oder Vertreter*innen aus dem GHHG aufzubauen. Dies würde eine engere Begleitung und eine vereinfachte Einarbeitung in die komplexen Strukturen des Amtes gewährleisten. Um die Wissensübergabe zu verbessern und damit die Qualität des Jugenddelegiertenprogramms zu sichern, könnte auch eine Verlängerung des Mandats der deutschen Jugenddelegierten oder ein rotierendes beziehungsweise zeitlich überlappendes System in Betracht gezogen werden.
Danksagungen
Ich möchte mich besonders herzlich bei allen Jugendorganisationen und den Teilnehmenden der Jugendkonsultationen bedanken, die einen großen zeitlichen Aufwand betrieben haben, um mir umfassende Einblicke in ihre Arbeit zu ermöglichen. Mein besonderer Dank gilt auch den Mitarbeiter*innen des Referats Z 23 im BMG sowie der GIZ für ihre enge Begleitung und Unterstützung. Außerdem möchte ich mich bei meinen Vorgängerinnen Theresa Krüger und Miriam bedanken, die mir mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung den Einstieg erleichtert haben, sowie bei Sophie Gepp und Paul Schnase von der Akteursgruppe Jugend im GHHG. Darüber hinaus möchte ich mich bei der Medizinischen Fakultät Mannheim bedanken, die es mir durch die Übernahme der Fahrtkosten ermöglicht hat, an Jugendveranstaltungen in Präsenz teilzunehmen.
Hier geht's zum Policy Brief der deutschen Jugenddelegierten (nur auf Englisch)