Hitze und Gesundheit: Zwei Herausforderungen – Ein Problem
Von aktuellen Forschungsergebnissen und Herausforderungen zur möglichen Vorbereitung auf Hitze: Einer der Schwerpunkte des diesjährigen Global Health Talks war der Zusammenhang zwischen Klimawandel – insbesondere Hitze – und Gesundheit.
Auf die Wissenschaft hören: Wie hängen Klimawandel und globale Gesundheit zusammen?
Gesundheit ist ein globales Gut. Dies trifft nicht nur auf die menschliche Gesundheit zu, sondern auch auf die Gesundheit unseres Planeten. Beides ist eng miteinander verbunden. Menschlichen Wohlstand und soziale Inklusion kann es langfristig nur innerhalb der planetaren Grenzen geben. Im Moment leben wir in vielen Bereichen außerhalb dieser Grenzen und gefährden sowohl unser Klima als auch unsere Gesundheit. Prof. Dr. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), präsentierte die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse: Wir sehen, dass die Klima- und Umweltkrise die gesundheitlichen Probleme verschärft. Jedes Jahr sterben 6,7 Millionen Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung, in erster Linie verursacht durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Mit der Erderwärmung werden Überschwemmungen und Dürren häufiger und intensiver. Die Meeresoberflächen heizen sich auf, und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) rechnet uns eine 66-prozentige Wahrscheinlichkeit aus, die 1,5-Grad-Grenze innerhalb der nächsten fünf Jahre zu überschreiten. Dies gefährdet die Stabilität unseres Planeten. Fünf der 16 Klimakipppunkte könnten bei der Erwärmung um 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit „kippen“. So könnte etwa das Eisschild in Grönland zusammenbrechen, Korallenriffe absterben und der Permafrostboden auftauen. Mit anderen Worten: Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden viele Regionen unbewohnbar werden und die Gesundheit der Menschen auf der ganzen Welt leidet. Um dies zu vermeiden, müssen wir innerhalb unserer planetaren Grenzen leben, plädiert Rockström. Er resümiert: „Klima und Gesundheit sind miteinander verwobene globale Güter. Wenn wir uns für globale Gesundheit einsetzen, erreichen wir Entscheidungsträger*innen und Bürger*innen gleichzeitig mit der Idee für mehr Klimaschutz."
Die Hitze spüren: Wie fühlt es sich an, Entscheidungen in unserer heißen Welt zu treffen?
Rekordsommer, Jahrhundertdürre, Spitzentemperaturen: Wenn das Thermometer auf immer neue Höchstwerte klettert, wird den Menschen auch im Alltag der Zusammenhang zwischen Klima und Gesundheit klarer. Was können wir tun, um uns auf Hitze in den Städten vorzubereiten, in denen die meisten Menschen heute leben? Katrin Lea Heil, Beraterin bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), und Sarah Splettstößer, Leiterin des Politikdialogs des Global Health Hub Deutschland, luden die Zuhörer*innen der Veranstaltung dazu ein, in die Rolle eines Bürgermeisters zu schlüpfen, der mit dieser Frage konfrontiert ist. Die Konferenzteilnehmer*innen hatten nur wenige Sekunden Zeit, um für die fiktive Stadt Grandurbia die richtigen Maßnahmen auszuwählen und so auf die nahende Hitzewelle zu reagieren. Sie entschieden sich dafür, mit öffentlichen Gesundheitsinstituten zusammen zu arbeiten sowie Handbücher zum Hitzeschutz und Informationskampagnen für Einwohner*innen zu entwickeln. Und so war zumindest diese fiktive Welt, in der politischer Wille und finanzielle Mittel unbegrenzt vorhanden waren, gut auf die Hitze vorbereitet.
Interactive Exercise on “Heat Preparedness” & Hot Wash Discussion
Der Weg in die Zukunft: Wie kann Hitzevorsorge zu einem gesunden Leben in Städten beitragen?
In einer immer wärmeren Welt stellt sich die Frage der Hitzevorsorge. Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklung und Nachhaltigkeit (IDOS), forderte dafür eine gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung. So tragen die G7-Länder laut Hornidge weltweit mehr Verantwortung als andere Staaten und haben zudem auch mehr Möglichkeiten, sich an Hitze anzupassen, die Folgen zu mildern und zu bewältigen. Sie stimmte Rockström zu, dass die Gesundheit in Krisensituationen, wie etwa einer Pandemie, eine Chance für das Ergreifen von Klimamaßnahmen bietet. Allerdings wies sie auch darauf hin, dass dies „bei schleichenden Katastrophen wie der Luftverschmutzung nicht der Fall ist. Für unsere Gesellschaft scheint das Handeln einfacher zu sein, wenn es eine unmittelbare Bedrohung gibt, als wenn es sich um ein Problem handelt, das sich langsam aufbaut. Die Konstruktion von Krisen – sozial, politisch oder durch die Medien – trägt ebenfalls zum Verständnis der Dringlichkeit bei. Und einige sind eben eher in der Lage, eine Krise effektiv zu konstruieren als andere."
Nathalie Nidens, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG), pocht auf verstärkte interdisziplinäre Forschung und kurzfristige Aktivitäten. „Uns fehlen kurzfristige Maßnahmen, um Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser auf Hitze vorzubereiten", sagte sie. „Aber Menschen sterben DIESES Jahr.“ Die Gemeinden müssen besser in der Lage sein, sich selbst – und einander – zu schützen und zu helfen. Sie empfahl:
1. Bereiten Sie sich vor. Warten Sie nicht, bis die Hitze da ist, sondern arbeiten Sie schon früh gemeinsam mit dem Personal in Krankenhäusern, Kindergärten und Pflegeheimen an den besten Lösungen und ihrer Umsetzung.
2. Informieren Sie die Zivilgesellschaft und die Bevölkerung, damit alle wissen, wie sie sich selbst und anderen helfen können.
Dr. Peter Tinnemann, Leiter des Gesundheitsamtes in Frankfurt am Main, ergänzte die Liste der Empfehlungen auf Nachfrage:
3. Klären Sie Zuständigkeiten: Wer ist für welche Aufgaben zuständig und wie sind wir miteinander verbunden?
4. Sammeln und nutzen Sie mehr Daten. Setzen Sie digitale Technologien ein.
Als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) kündigte Hornidge zu guter Letzt ein Gutachten des Beirats an: „Gesund Leben auf einer gesunden Erde“. Neben menschlicher Gesundheit bezieht der Report auch die Gesundheit von Tieren und Ökosystemen mit ein. Er unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf und gibt Empfehlungen für Ministerien und die Europäische Union zur Umwelt-, Forschungs- und Wissenschaftspolitik.