Erfahrungsbericht: Was es bedeutet Jugenddelegierte zur Weltgesundheits​​versammlung zu sein

15. November 2021 I  Neues aus dem Hub  I by : Lea Bund

Erfahrungsbericht zur 74. World Health Assembly von Theresa Krüger

Was hat mich motiviert, Jugenddelegierte zur Weltgesundheitsversammlung zu werden?

Zum einen war da eine große Faszination für Global Health und die Neugier, einen Blick hinter die Kulissen der größten Gesundheitskonferenz der Welt zu werfen - dies nicht als Teil der Zivilgesellschaft, sondern durch die Brille einer Regierungsdelegation. Ich erhoffte mir Begegnungen mit interessanten Personen, die sich beruflich mit Global Health und Gesundheitspolitik beschäftigen sowie den Austausch mit jungen Menschen, deren Prioritäten ich im Rahmen meiner Möglichkeiten als Jugenddelegierte so gut wie möglich vertreten und die ich für Global Health begeistern wollte. Außerdem hat mich gereizt, die Strukturen des neuen Jugenddelegiertenprogramms mitzugestalten, sodass besonders in den kommenden Jahren mehr ernsthafte Jugendpartizipation in der internationalen Gesundheitspolitik möglich wird.

In einem Interview mit dem Global Health Hub Germany habe ich mehr zu mir, meinen Beweggründen und Eindrücken erzählt. Das Interview finden Sie oben links als PDF Version angehängt. 

Programm und Bewerbung

Mitte April 2021 bin ich auf die Ausschreibung des Jugenddelegiertenprogramms zur 74. World Health Assembly (WHA74) über den Global Health Hub Germany aufmerksam geworden. Ich habe mich kurzerhand entschieden, mich zu bewerben, wofür ein Lebenslauf, Motivationsschreiben und Essay zu einer major global health challenge verlangt war. Eine Woche später wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, in dem ich Fragen zu meiner Motivation, Ideen, Vorerfahrungen sowie zu WHO-Themen beantwortete. Kurze Zeit später erhielt ich eine Zusage und unterschrieb die Vereinbarung mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), auf deren Basis mein Mandat als Jugenddelegierte gründet.. Gerne möchte ich an der Stelle auch betonen, dass ich als Jugenddelegierte nur eine repräsentative Funktion habe, damit keine offizielle Vertreterin der deutschen Jugend bin, sondern letztendlich nur für mich selbst und in Abstimmung mit der deutschen Delegation gesprochen habe.

Das Jugenddelegiertenprogramm zur Weltgesundheitsversammlung , welches auch in der neuen Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit verankert ist, fand dieses Jahr zum ersten Mal statt. Durch die Unsicherheit ob das Programm trotz der Corona-Pandemie stattfinden würde, war die Ausschreibung recht kurzfristig, sodass meine Vorbereitungszeit und Möglichkeiten, mich einzulesen, Veranstaltungen zu organisieren oder Stimmen von jungen Menschen und Jugendnetzwerken einzuholen, leider begrenzt waren. Auch wäre die Interaktion mit anderen Delegationen, Jugenddelegierten, WHO Staff oder der Zivilgesellschaft vor Ort sicherlich eine andere Erfahrung gewesen als das rein digitale Zusammentreffen. Nichtsdestotrotz konnte ich viel mitnehmen: einen Überblick über Prozesse und Themen rund um die WHA, Einblicke in interne Verhandlungen, ein besseres Gespür für Diplomatie, Kontakte zu interessanten Menschen und Netzwerken, inhaltliche Global Health Impulse und viel Inspiration, mich auf meinem Lebensweg weiter mit der Bedeutung von Gesundheit als Menschenrecht in einer globalisierten Welt auseinanderzusetzen.

 

Deutsche Delegation zur WHA74

Die deutsche Delegation zur WHA74 setzte sich aus Vertreter:innen des BMG, im Speziellen des Referats für Globale Gesundheitspolitik (Z23), und Vertreter:innen der Ständigen Vertretung Deutschlands in Genf zusammen. In Letzterem arbeiten vor allem sogenannte Health Attachés – also Diplomat:innen, die z.B. vom Auswärtigen Amt, BMZ oder BMG entsandt werden  - in der Beratung von globalen Gesundheitsfragen und der Vertretung von Länderinteressen auf dem internationalen Parkett. Auf dem Papier waren 20 Personen Teil der Delegation, die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn offiziell geleitet wurde. Ich lernte eine gute Hälfte der Delegierten, insbesondere aus dem Referat Z23 und der Ständigen Genfer Vertretung kennen und fühlte mich bei den internen Meetings von Anfang an sehr willkommen und einbezogen. Auch hatte ich zwischendurch Kontakt mit Mitarbeitenden des Auswärtigen Amtes sowie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Das Referat für Globale Gesundheitspolitik wird seit 2007 von Dagmar Reitenbach geleitet und vereint Menschen mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund wie Rechts- und Politikwissenschaften, Medizin oder Verwaltung.

Innerhalb der Delegation hatte ich einen festen Ansprechpartner, mit dem ich öfter in Kontakt stand bei Unklarheiten oder Beratungsbedarf. Ich fand diese enge Betreuung sehr hilfreich, auch wenn es für meine Kontaktperson ebenfalls die erste Weltgesundheitsversammlung war.

Vor der eigentlich WHA fanden circa wöchentliche interne Delegationsmeetings statt, in der wir u.a. über die Agenda der diesjährigen Versammlung, laufende Resolutionsverhandlungen sowie nationale und länderübergreifende Statements sprachen. Da ich erst wenige Wochen vor der WHA dazustieß und das eigentliche WHA-Programm schon beim Executive Board Meeting im Januar festgelegt wurde, fiel es mir zeitweise schwer, das Besprochene nachzuvollziehen. Insbesondere viele Akronyme, Abkürzungen und Einschübe schwirrten in diesen Momenten durch meinen Kopf. Aber ich wusste auch, dass die Vorbereitung der WHA eine hohe Arbeitsbelastung für die Delegierten mit sich bringt und wollte daher nicht bei jeder Kleinigkeit nachhaken. Im Nachhinein hätte ich mir jedoch gewünscht, noch die ein oder andere Frage mehr gestellt zu haben, was für eine Jugenddelegierte sicherlich legitim gewesen wäre.

 

Resolutionsverhandlungen und Statement

Bei einer Weltgesundheitsversammlung in Präsenz werden Resolutionen teilweise noch vor Ort hinter geschlossenen Türen zwischen Mitgliedsstaaten verhandelt. Ziel ist dabei immer, einen konsensfähigen Beschluss auf den Weg zu bringen, da auf der WHA selbst überlicherweise keine inhaltlichen Debatten mehr stattfinden, vielmehr Statements mit Befürwortung, Distanzierung oder punktueller Kritik an getroffenen Beschlüssen. Die Resolutionen haben dabei in der Regel nur einen empfehlenden Charakter für die Länder – Ausnahmen sind die Internationalen Gesundheitsvorschriften und das 2003 beschlossene völkerrechtlich bindende WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakverbrauchs. Nichtsdestotrotz sind die Resolutionsbeschlüsse wichtige Leitplanken, an denen sich die Länder messen lassen müssen und bei denen mindestens ihre internationale Glaubwürdigkeit auf dem Spiel steht.

Dieses Jahr wurden die Resolutionsverhandlungen meines Wissens größtenteils im Vorhinein der Versammlung abgeschlossen, da die Assembly durch die Zeitverschiebung für viele Teilnehmende eh schon anstregend war. Ich hatte das Privileg, an vier Verhandlungsrunden (sogenannten informal consultations) zur Resolution über „Ending violence against children through health systems strengthening and multisectoral approaches“ teilzunehmen. Ich stand dabei in engem Kontakt mit dem Health Attaché, der für die EU die Verhandlungen führte und durfte zeitweise auch für die EU Protokoll schreiben und zusammenfassen. Da ich gemeinsam mit der Delegation beschlossen hatte, das deutsche Statement zu dem dazugehörigen Agendapunkt („WHO global plan of action to strengthen the role of the health system within a national multisectoral response to address interpersonal violence, in particular against women and girls, and against children“) zu verfassen und vorzutragen, war es umso spannender für mich, das gemeinsame Entwerfen der Resolution samt Diskussionen zu strittigen Punkten mitzuverfolgen. Auch wenn diese Diskussionen teilweise bis spät in den Abend hinein andauerten.

Das dreiminütige nationale Statement verfasste ich mit Unterstützung von und in Rücksprache mit meiner Delegation und dem BMFSFJ aufgrund der inhaltlichen Relevanz. Obwohl das Statement einige Tage vor Beginn der WHA fertig war, mussten wir Teile des Textes noch bis 20 Minuten vor dem Vortragen abändern, da die entsprechende Resolution aufgrund eines Änderungsantrags einiger Länder zum Thema Comprehensive sexuality education kurzfristig umstrittener wurde. Diese Entwicklungen samt vieler kurzer Deadlines für die Mitgliedsstaaten haben mir gezeigt, dass hoher Zeitdruck in diesen Versammlungen üblich ist. Die Delegationsvertreter:innen haben meinen größten Respekt für ihre unermüdliche Arbeit. Seitens der EU waren wir etwas enttäuscht, dass die Resolution aufgrund der Konsensfindung letzten Endes nur unter Streichung des Paragraphen zu Comprehensive sexuality education angenommen werden konnte. Unserer Meinung nach stärkt Comprehensive sexuality education Kinder und Jugendliche und ist sehr wichtig für die Aufdeckung von (versuchter) sexueller Gewalt ihnen gegenüber – leider stehen diesem Konzept der sexuellen Bildung und Selbstbestimmung noch nicht alle Länder der Welt offen gegenüber.

Ihr könnt mein Statement zu Gewalt an Frauen und Kindern sowie die Videos aller Sessions der 74. WHA im WHO-Stream finden (Statement siehe Committee B - 7th meeting - ab 36:40min).

 

Weltgesundheitsversammlung

Mit 72 Items, fast 30 Resolutionsentwürfen und über 20 Diskussionrunden war die Agenda der WHA74 so vollgepackt wie selten. Kein Wunder, wenn zu den „normalen“ globalen Gesundheitsherausforderungen noch eine Pandemie hinzukommt.

Für mich ging es jeden Tag 8.30 Uhr los mit einer EU-Koordinierungsrunde, um 9 Uhr startet überlappend die EURO-Koordinierung (der WHO European Region). Von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr tagt die Assembly – erst im allgemeinen Plenum (wo zum Beispiel die Eröffnung, Ansprachen der Regierung und Wahlen stattfinden), danach in zwei parallelen Ausschüssen: in Committee A werden eher programmatische Angelegenheiten behandelt, in Committee B eher Verwaltungs- und Finanzfragen. In der Mittagspause gibt es wieder eine EU-Koordinierung oder zeitgleich die WHO Strategic Briefings. Zum Abschluss des Tages treffe ich mich mit der deutschen Delegation – also den Kolleg:innen aus Berlin, Bonn und Genf – zur internen Absprache, um den Tag Revue passieren zu lassen und morgige Sessions vorzubereiten.

Die diesjährige WHA stand unter dem Motto „Ending this pandemic, preventing the next: building together a healthier, safer and fairer world“ mit einem deutlichen Fokus auf COVID-19. Dabei spielte auch eine Reform samt besserer Finanzierung der WHO eine Rolle, deren globale Schlüsselposition wie auch begrenzte Handlungsmöglichkeiten in der Pandemie besonders augenscheinlich wurden. Heiß diskutiert war auch ein sogenannter Pandemic treaty – ein rechtlich bindendes Abkommen zur  Vorbeugung und Bekämpfung von Gesundheitsnotständen, insbesondere Pandemien – mit viel Befürwortung, wie auch Skepsis und Zurückhaltung. Hier beschloss die Assembly, dass sich eine Arbeitsgruppe tiefergreifend mit der Ausarbeitung eines solchen Pandemievertrags auseinandersetzen solle, wofür im November 2021 die WHA in einer Sondersitzung tagen wird.
Auch andere Themen wie Nichtübertragbare Erkrankungen, die Situation in Palästina, Gewalt an Frauen und Kindern, die globale Immunisierungstrategie, Impfstoffverteilungsgerechtigkeit, Antibiotikaresistenzen und soziale Determinanten von Gesundheit standen auf der Agenda. Klimawandel und Gesundheit hatten wiederum, zu meinem Bedauern, dieses Jahr kaum Priorität. Eine der größten Herausforderungen bei der WHA war für mich, mit den ständigen Änderungen von Zeitslots und Diskussionspunkten Schritt zu halten, um nicht gerade jene Themen zu verpassen, für die ich mich interessierte oder für die ich protokollieren sollte. Ich war sehr dankbar, als ich irgendwann von der App „WHO Events“ erfuhr, die die Agenda kontinuierlich und aktualisiert veröffentlichte. Bei einer digitalen WHA lässt sich zumindest der Raum schneller wechseln als vor Ort in Genf. Überfordert war ich außerdem von der schieren Menge an Dokumenten, Informationspapieren und Anträgen, die öffentlich zur Verfügung gestellt wurden. Ich habe am Anfang versucht, sie alle zu überfliegen, was aber nicht sonderlich erfolgsversprechend war, weswegen ich mich irgendwann auf die Tagesordnungspunkte konzentrierte, die mich interessierten.

Über die WHA74 lässt sich inhaltlich viel berichten. Ich möchte hier u.a. auf die Zusammenfassungen und Analysen der WHO, des BMG, von Geneva Health Files oder Medico International verweisen.

 

Veranstaltungen, Networking und Öffentlichkeitsarbeit

Als Jugenddelegierte konnte ich an ein paar Side-Events rund um die WHA teilnehmen sowie eigene Veranstaltungen organisieren, mit denen ich jungen Menschen die Prozesse rund um die WHA und die Möglichkeiten von Jugendpartizipation näher bringen wollte.

Los ging es am 12. Mai mit einem Webinar organisiert vom Global Health Hub Germany zu „Neues aus der globalen Gesundheitspolitik - Ein Dialog zwischen BMG und nichtstaatlichen Akteuren im Vorfeld der WHA“. Hier konnte ich das Jugenddelegiertenprogramm und mich kurz vorstellen und inhaltliche Aspekte anreißen, die meiner Ansicht besonders junge Menschen beschäftigen und belasten: psychische Gesundheit inmitten einer Pandemie, sexualisierte Gewalt und Gendergerechtigkeit sowie die Klimakrise. Ich betonte dabei die Vorteile von mehr Jugendpartizipation für alle Beteiligten: Vielfalt, Nachhaltigkeit und einen Perpektivwechsel.

Am 20. Mai lud ich über Jugendnetzwerke und den Global Health Hub Germany zu einem Online-Stammtisch „Jugend und WHA“ ein. Ich bereitete ein digitales Quiz zur WHO und WHA vor, dessen Fragen ich als Anhaltspunkte für Wissensvermittlung und Meinungsaustausch nutzte. Auch stellte ich das Jugenddelegiertenprogramm und wichtige Agendapunkte der WHA74 vor. Ein interaktives Brainstorming zum Status Quo und Chancen der Jugendpartizipation in der Politik und die Erfahrungsberichte zweier junger Frauen, die im Rahmen eines Praktikums oder als Mitglied einer NGO die WHO/WHA vor Ort erleben konnten, rundeten die Veranstaltung ab.

Am 22. Mai nahm ich an einem Youth constituency workshop der International Federation of Medical Students Associations (IFMSA) teil, im Rahmen PreWHA der IFMSA. Diese dient als inhaltliche Vorbereitung für die eigentliche IFMSA-Delegation zur WHA. Als zivilgesellschaftlicher Akteur kann die IFMSA Statements vortragen und sich in gewissem Rahmen an Debatten der WHA beteiligen. Im Anschluss folgte ein kurzes Social program mit den anderen jungen Delegierten. Dabei kamen auch viele Fragen an mich auf, da bisher nur in wenigen Ländern – neben Deutschland meines Wissens Kanada, die Niederlanden, Dänemark, Norwegen und die Schweiz - nationale Jugenddelegiertenprogramme existieren. Ich würde mir sehr wünschen, dass sich dies ändert und insbesondere mehr junge Menschen aus Ländern des globalen Südens künftig eine Stimme in der internationalen Gesundheitspolitik erhalten.

Bei der digitalen LCOY, der Jungen Klimakonferenz Deutschland, wurde ich Ende Mai zu einem Live-Interview eingeladen, bei dem wir besonders das Themenfeld Klima, Umwelt und Gesundheit diskutierten.

Ferner wurde ich von Heike Bahrens (SPD), der Vorsitzenden des Unterausschuss Globale Gesundheit im Bundestag, eingeladen, beim SPD-Fraktionskongress zu Klimawandel und Gesundheit eine Grußbotschaft zu halten. Ich betonte in dieser die Bedenken von jungen Menschen und Gesundheitsberufen in der Klimakrise und sprach das Positionspapier von Health for Future Deutschland zur Bundestagswahl an. "Wir können die Welt nicht retten, in dem wir uns an die Spielregeln halten, mit der wir sie kaputt gemacht haben. Das ist ein Spiel gegen die Zeit - Ungeduld ist angebracht." Die Veranstaltung wurde hier aufgezeichnet (Grußbotschaft ab 1:01:00min).

Am 6. Juli lud ich im Anschluss an die WHA gemeinsam mit den Jugenddelegierten anderer Länder - Femke van Wanrooij aus den Niederlanden und Surabhi Sivaratnam aus Kanada - sowie der IFMSA Liaison Officer to WHO Iris Blom, zu einem internationalen Austauschabend “Youth Reflections on the World Health Assembly - International Networking Opportunity” ein. Wir stellten die nationalen Jugenddelegiertenprogramme vor, diskutierten über unsere Erfahrungen auf der diesjährigen WHA, beantworteten Fragen aus dem Publikum und sprachen in Breakouts spezifisch über die Wünsche und Ideen junger Menschen für globale Gesundheitspolitik und Jugendpartizipation. Über 60 Teilnehmende aus fast allen Kontinenten, besonders dem Globalen Süden, waren dabei, was mich überaus gefreut hat. Die Veranstaltung wurde von der IFMSA hier aufgezeichnet.

Außerdem konnte ich am 20. Juli ein Webinar unter dem Titel „Global Health Dialog: Berufswege im Bundesgesundheitsministerium und Auswärtigen Amt“ moderieren, was gemeinsam mit dem bvmd-Projekt Globalisation and Health Initiative (GandHI) veranstaltet wurde. Einige meiner Kolleg:innen aus der WHA-Delegation teilten hier ihre Berufslaufbahnen, Tätigkeitsfelder, Motivationen und Erfahrungen und gaben den über 80 Teilnehmenden damit Ratschläge und Inspiration auf den Weg. Das Interesse junger Menschen an einem beruflichen Werdegang in der globalen Gesundheit scheint sehr groß zu sein und ich würde mir wünschen, dass es künftig noch mehr dieser Veranstaltungsformate gibt. Auch, weil mir von vielen Seiten herangetragen wurde, dass berufliche Perspektiven im Bereich Global und Public Health in Deutschland häufig unübersichtlich scheinen. Das Nachwuchsnetzwerk Öffentliche Gesundheit hat im Bereich Public Health hierzu eine hilfreiche Akteursübersicht erarbeitet.

Nach den vielen digitalen Begegnungen war ich sehr glücklich, dem Bundesgesundheitsministerium Mitte Juli in Berlin einen Besuch abstatten und ein paar bekannte und neue Gesichter aus dem Referat Z23 und dem Auswärtigen Amt zu sehen. Der herzliche Empfang und gemeinsame Abend im Biergarten waren Momente, die mir besonders in Erinnerung bleiben.

Sehr überraschend und erfreut war ich auch über die Einladung der WHO zur Eröffnung des neuen WHO Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence in Berlin am 1. September. Der Hub verspricht bessere Daten, Analysen und Entscheidungen, um weltweit schneller und zielgerichteter auf künftige Infektionsausbrüche reagieren zu können. Dafür sind wissenschaftliche Exzellenz, internationale Kollaboration und Open Source Daten unter dem Dach des Hubs wesentlich. Mit bei der Eröffnung waren viele prominente Gesichter aus Politik, Wissenschaft und Global Health, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister Jens Spahn, RKI-Chef Lothar Wieler, WHO-Epidemiologe Michael Ryan und WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Damit konnte ich mir auch endlich den Wunsch eines Selfies mit Tedros erfüllen und mit ihm kurz über die Bedeutung von mehr Jugenddelegierten der Mitgliedsstaaten sprechen, besonders im Globalen Süden. Ansonsten war Networking auf dieser Veranstaltung bei einem sehr hochkarätigen Publikum, von dem sich viele untereinander kannten, aber monatelang nicht gesehen hatten, eher schwierig. Das Buffet dafür umso besser!

Neben den Veranstaltungen, an denen ich selbst beteiligt war, fanden rund um die WHA verschiedene Side-Events statt, u.a. organisiert vom Global Health Hub Germany, dem Global Health Hub Geneva und dem Graduate Institute Geneva. Diskutiert wurde zum Beispiel der neue Pandemic Treaty, Lehren aus Covid-19 und Impfstoffverteilungsgerechtigkeit, Digitalisierung in der globalen Gesundheit und Universal Health Coverage. Diese Webinare sind in der Regel frei zugänglich und werden manchmal auch aufgezeichnet – ein Blick hinein lohnt sich!

Als besonders bereichernd empfand ich auch den Austausch mit Jugenddelegierten anderer Programme. Ich telefonierte mit der Jugenddelegierten zur G7 sowie zur UN und traf die aktuellen UN-Jugenddelegierten auch einmal persönlich in Berlin. Die Programme unterscheiden sich in ihrer Ausgestaltung doch sehr stark, was den unterschiedlichen Formaten, Inhalten, Trägern und Kapazitäten geschuldet ist. Nichtsdestotrotz finde ich die Vernetzung wichtig und glaube, dass das Jugenddelegiertenprogramm zur WHA von den etablierteren Programmen lernen kann.

Auch die Gespräche mit den anderen WHA-Jugenddelegierten – aus Kanada, den Niederlanden, Dänemark und ehemalig der Schweiz – waren hilfreich, haben mir offene Fragen beantwortet und Input für bessere Strukturen in unserem neueren Programm in Deutschland gegeben.

Als Jugenddelegierte habe ich versucht, die Öffentlichkeits- und Informationsarbeit zur WHA nicht zu kurz kommen zu lassen und Beiträge in Jugendnetzwerken mit Gesundheitsbezug wie der bvmd, GandHI, Health for Future, UAEM, dem Nachwuchsnetzwerk Öffentliche Gesundheit, der Akteursgruppe Jugend des Global Health Hubs, dem BPhD, DGPH Studis sowie über die Jugenddelegierten zur UN und Nachhaltigen Entwicklung zu streuen. Aufgrund der Kurzfristigkeit des Programms und interner Formalia ist es uns leider nicht gelungen, eigene Social Media Kanäle aufzusetzen, die von den Jugenddelegierten kommender Jahre fortgeführt werden können, wie es in den anderen Ländern i.d.R. der Fall ist. Da ich der Aufgabe dennoch gerecht werden wollte, habe ich über meine eigenen Kanäle berichtet – dies aber ausdrücklich als Privatperson und nicht in Abstimmung mit der deutschen Delegation. Wer sich dafür interessiert, kann gerne auf meinem Twitter (therkrueger) oder Instagram (the.resa_kr) vorbeischauen.

 

Ausblick und Fazit

Für mich persönlich war die Teilnahme am WHA-Jugenddelegiertenprogramm eine sehr bereichernde Erfahrung. Auch wenn der zeitliche Aufwand für mich deutlich höher war, als in der Programmbeschreibung angegeben (4-8 Stunden / Woche vs. 15-20 Stunden / Woche), alles digital stattfand und noch keine Strukturen aus Vorjahren etabliert waren, hatte ich die meiste Zeit Freude an den Aufgaben und Herausforderungen. Ich wünsche mir, dass in Zukunft noch mehr junge Menschen davon profitieren können. Ich hoffe, dass ich in meiner Rolle als Jugenddelegierte der Aufgabe gerecht geworden bin, Ereignisse und Prozesse rund um die WHA transparent zu kommunizieren, meine Erfahrungen weiterzugeben und die Begeisterung junger Menschen für Global Health weiterzuentfachen. Auch hoffe ich, dass ich der deutschen Delegation eine gute Unterstützung war und sie in der Überzeugung der Vorteile von Jugendbeteiligung bestärken konnte. Ich möchte weiter daran mitwirken, die Strukturen des Programms auszubauen, insbesondere durch bessere Plattformen für Öffentlichkeitsarbeit und nachhaltige Wissensweitergabe über die Jahre hinweg. Leider ist es mir nicht gelungen, die Stimmen vieler interessierten junger Menschen im Vorhinein der WHA einzuholen. Meine Haltung zu Themen begründete ich daher vor allem auf dem Positionspapier der Jugend zur neuen Strategie der Bundesregierung zu Globaler Gesundheit sowie auf meiner persönlichen Einschätzung. Damit junge Menschen in Zukunft auch themenspezifische Impulse setzen können, braucht es meiner Ansicht nach drei Dinge: mehr zeitliche und personelle Kapazitäten (beispielsweise durch ein längeres Mandat oder eine:n zweite:n Jugenddelegierte:n), konkrete Instrumente zur Beteiligung junger Menschen (z.B. Diskussionsforen, Runde Tische, Konsultationformen – wie in Kanada) und das ehrliche Anliegen aller Beteiligten, der Jugend in der internationalen Politik nicht nur mehr Sichtbarkeit zu geben, sondern vor allem mehr echte Anteilnahme.

Ich bedanke mich bei allen Menschen, die an der Konzeption und Umsetzung des Jugenddelegiertenprogramms mitgewirkt haben, besonders bei Dagmar Reitenbach und ihrem Team, bei Giulia Reichmann und Kolleg:innen in der GIZ für die hilfreiche organisatorische Betreuung, bei der IFMSA für Ressourcen und Vernetzung sowie bei vielen (jungen) Menschen, die mich begleitet und beraten haben.

Richtet Rückfragen und Feedback an mich persönlich gerne an theresa.krueger[at]posteo.de

 

Vielen Dank fürs Lesen und Teilhaben! Eure Theresa

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